Sonntag, 2. September 2007

Music when the Lights go out...

'N Freund hat mir kürzlich'n Video von Pete Doherty zugespielt.
Sehr unschön was darauf zu sehen ist.
Der Sänger der Libertines und der Babyshambles setzt sich zu seinen Bandmitgliedern in ein Interview, zu dem er erst einmal - Überraschung - 5 Minuten zu spät erscheint.
Was er dann tut, das muss ich zwar nich sagen, schießt aber meiner Meinung nach den abartigsten Vogel ab:
Er zieht aus seiner Jacke sein Spritzbesteck und spritzt - vor laufender Kamera wohlgemerkt - sein persönliches Heroin-Blut-Gemisch auf das Objektiv.
Ich weiß nicht was asozialer ist. Dass er sein eigenes Blut auf fremde Gegenstände rotzt oder dass er seine Band, die übrigens pünktlich erschienen ist, dermaßen ignorant vor der ganzen Welt in den Dreck zieht.
Der Kameramann hätte ihm gleich an Ort und Stelle eine auf's Maul geben sollen!
Und was man sonst so von ihm hört ließ meine Zuneigung und mein Interesse bisweilen auch nicht gerade größer werden.
Wird als Gründer aus seiner eigenen Band geschmissen, schweift hier und da mal gewalttätig aus wenn die Kameramänner wieder auftauchen. Sitzt ständig im Knast wegen neuen Drogenexzessen oder Ähnlichem...und diese Liste ließe sich fortführen.
Und wenn man ihn sich so anschaut, erkennt man unschwer, dass die Welt ihm gerade beim Sterben zusieht.

Jetzt schreibt Markus Kavka allerdings, Petes Band die Libertines und auch jetzt die Babyshambles seien die beste Musik, die England seit mehr als 10 Jahren passiert ist.

Okay!
Markus Kavka...ist ja nunmal nicht dumm, ne.
(Sein Buch mit seinen gesammelten Kolumnen kann man übrigens hier erwerben. Es lohnt sich!)

Habe mich also mal ausführlicher mit Pete Doherty auseinander gesetzt und seinen Erfolg ein wenig erforscht.
Dabei hab ich feststellen müssen, dass Pete ein unglaublich intelligenter und sensibler Kerl ist.
Wie lyrisch er die Tragik des Zusammenbruchs seiner Beziehungen umsetzt, hat mich bei solch einem abgefuckten Junkie dann doch beeindruckt.
P. Doherty wurde mit 17 Jahren vom British Council als Kulturbotschafter nach Russland geschickt und hat diverse Poesiewettbewerbe gewonnen.
Hier im folgenden Interview kann man sich die "Überreste seines Glanzes" ansehen.


Für seine angebliche Egozentrik wirkt er hier auf mich aber sehr ehrlich, reflektiert und einfühlvermögend.
Er spricht mit nicht einmal 30 Jahren über sein Leben, als wäre er eine 70-jährige Legende, ähnlich wie vielleicht ein Paul Mccartney oder so - bloß dass Paul Mccartney ein oberflächlicher Trottel ist.
Er scheint so viele Erfahrungen und Einsichten weitergeben zu können, wie sonst eben nur Männer, die sehr viel mehr Zeit hatten. Für gute Antworten muss er nicht überlegen. Obwohl er schwach wirkt, kann er sich verteidigen ohne vom Kern der Fragen abzuweichen und ohne zu zögern zieht er sich ein geiles Gedicht aus dem Ärmel.
Wird er auf seinen ehemaligen Bandkollegen Carl Barât angesprochen, der ihn rausgeworfen hat und mit dem er sich im Streit getrennt hat, schildert er abgeklärt und friedlich wie alles verlaufen ist und zeigt Respekt ihm gegenüber.

Pete hat meiner Meinung nach keinen Totalschaden, er wirkt auf mich einfach nur mitgenommen, enttäuscht und vor allem von der Interviewerin sehr unverstanden.

Nervig wie wenig Verständnis und Mitgefühl diese Frau mitbringt. Hat nicht gelernt das Leben zu Leben. Versteht es nicht, wenn man mehr will, als man kriegen kann und mehr geben will als man hat.
Auf ihre Anfrage singt Pete ihr ein Lied, dass ihr eigentlich die Seele aus dem Leibe reißen sollte, und sie sitzt unbeeindruckt da und hat keine Vorstellung davon, was Musik einem geben kann.

Pete hat mit 28 Jahren all seine Träume wahr werden lassen. Er schafft was er schaffen will und macht aus Scheiße Gold.
Er sitzt auf einem riesigen Berg Kohle und kann auf so viele Erfolge zurück blicken wie kaum ein Zweiter.

Ich meine was macht man wenn man alles erreicht hat? Wo will man da seiner Existenz noch 'ne Essenz herzaubern?
Man ist hier in diese Welt geschmissen, vollgepumpt mit den beschissensten Sehnsüchten und man hat nichts, wohin man damit gehen soll, oder womit man diese je freischalten könnte.
Wenn Du im Leben nichts mehr hast, was Dich beeindruckt oder reizt, wenn Du alles gesehen hast, all den Banalitäten entfliehen willst und Du Dein Können vor der Welt einfach für immer etabliert hast, was bleibt einem da?
Da greift man nunmal auf die Dinge zurück, die im Leben eben nur gegen den hohen Preis von Gefängnis oder Tod zu bekommen sind.

Ich persönlich habe jedenfalls großes Mitleid mit P. Doherty und wünsche ihm alles Gute.

Falls er die nächsten Jahre überlebt, kann er sich wegen mir aber gerne etwas in den Griff bekommen.

6 Kommentare:

  1. Die krassere Reaktion find ich ja eigentlich, dass der Interviewer ungerührt das Tempo zückt und die Scheiße wegwischt.

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  2. Johannes... du urteilst sehr subjektiv gegenüber den kleinen Dingen in diesem Beitrag.
    Diese kleinen fiesen Bemerkungen zwischendurch- die treiben dich noch in den Ruin!:)

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  3. Welche Bemerkungen? So über die Frau und so?


    Jo Ronny! Einfach nur abartig...

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  4. @Maren: Ich find deinen Blognamen ja ganz geil.

    Nur blöd, dass ich nicht drauf gekommen bin!

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  5. Ja, naja, ich hab mich ja auch nur so genannt weil das so quasi mein Ruf-Name ist und es einfach auf der Hand lag, dieser Name und ich:D...
    naja :D manchmal...:)

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  6. Jaha.. :)
    Genau...
    Wie ein Puzzlestück Maren!

    Warum bist Du eigentlich hier die einzige die kein Foto im Profil hat?

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